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28.01.2023
Interdisziplinär
Ausstellungseröffnung Gerhard Kofler

Gerhard Kofler (*1949 in Bozen, † 2005 in Wien) gilt als einer der wichtigsten Lyriker aus Südtirol – nicht zuletzt deshalb, weil er den Großteil seiner Gedichte in zwei Sprachen verfasst hat.

Im Wechselspiel zwischen der italienischen und deutschen Fassung seiner Texte entstehen neue Klang- und Bedeutungsmöglichkeiten, die den Wert von Sprach- und Kulturkontakten sichtbar machen. Von Koflers Liebe für Sprachen, die neue Welten eröffnen, zeugen auch seine spanischen, englischen und mundartlichen Gedichte. Gleiches gilt für seine Übersetzungen (unter anderem von Texten von H.C. Artmann, Ernst Jandl, Friederike Mayröcker und dem von ihm sehr geschätzten Umberto Saba).

Gerhard Kofler wuchs in Brixen in einem mehrsprachigen Umfeld auf: Zum Hochdeutsch der Mutter, dem Wienerischen der Großmutter, dem Dialekt der Schulfreunde gesellte sich das Italienisch der neapolitanischen Nachbarn. Fremden Sprachen und Literaturen anderer Länder galt das Interesse des jungen Kofler, der zunächst in Innsbruck, dann in Salzburg Germanistik und Romanistik studierte, bis er 1978 nach Wien übersiedelte. Als Mitglied und langjähriger Generalsekretär der Grazer Autorinnen Autorenversammlung, der IG Autorinnen Autoren und der Südtiroler Autorinnen- und Autorenvereinigung, als freier Mitarbeiter für ORF und RAI, vor allem aber als Rezensent nahm er maßgeblich Einfluss auf das literarische Leben seiner Zeit.

Viel zu früh, im Herbst 2005, starb Gerhard Kofler in Wien. Was bleibt, ist ein umfassendes lyrisches Werk, das in klaren Sprachbildern zu einer ganz eigenen Poetizität findet. Über schlichte Szenen aus der Kindheit und dem Alltag, auch über seine Leidenschaften – für die Literatur und Musik, den Fußball und Griechenland – gelangt Kofler zu den großen Fragen der menschlichen Existenz. Die zweisprachigen Texte stehen dabei nur scheinbar getrennt nebeneinander: In Wirklichkeit eröffnen sie ein Gespräch und verweisen auf sprachliche Zwischenräume, die zu einem Ort der Begegnung werden. Sie stehen für Koflers zeitlebens erkundeten Versuch, Sprachgrenzen zu überwinden und die Differenzen zwischen den Sprachen für eine Erweiterung des eigenen poetischen Raumes zu nutzen.

Es ist daher kein Zufall, dass ZeLT, das Europäische Zentrum für Literatur und Übersetzung, dessen Fokus sich auf den Austausch der Literaturen und Sprachen richtet, diesem „Weltbürger der Dichtkunst“ (Gerhard Jaschke) und seiner mehrsprachigen Schreibpraxis seine erste Sonderausstellung widmet.

Die mehrsprachige Ausdrucksform von Gerhard Koflers Gedichten wird in der für die neue Stadtbibliothek Brixen interaktiv konzipierten Ausstellung mit unterschiedlichen Lesarten in Szene gesetzt. Anhand von ca. 80 Gedicht-Installationen, Audio- und Videostationen sowie Schaukästen mit Materialien aus dem Nachlass wird an Gerhard Koflers reichhaltiges literarisches Erbe erinnert. Die Installationen und Schaukästen finden sich entlang thematischer Schwerpunkte auf das gesamte Bibliotheksgebäude verteilt. Die Auseinandersetzung mit der Bibliotheksarchitektur und -ausstattung ist Teil des Dialogs, den diese Ausstellung ausgehend von den Gedichten Gerhard Koflers zu den Themen Schreiben, Lesen und Übersetzen von Gedichten anstoßen will.
 
Die Ausstellung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck und ausgehend von Dokumenten aus dem Nachlass Gerhard Koflers, den das Land Südtirol 2014 erworben und dem Brenner-Archiv übergeben hat. Und in enger Zusammenarbeit mit der Witwe des Autors, Hannelore Kofler-Brugnolo. 

Kuratorinnen: Erika Wimmer Mazohl, Alma Vallazza, Maria Piok
Ausstellungsgestaltung: Peter Karlhuber

Eröffnung: Samstag, 28.1.2023, 11 Uhr
Die Ausstellung kann bis 31. März 2023 täglich (außer Sonntag) zu den Öffnungszeiten der Bibliothek (8.30 – 18.30) besucht werden.

Programmatischer Teil der Ausstellung ist eine Reihe von Veranstaltungen. Gerhard Koflers literarisches Vermächtnis – seine mehrsprachige Poetik über Grenzen hinweg – soll neu beleuchtet, mit zeitgenössischen literarischen Tendenzen in Verbindung gebracht und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Rahmenprogramm:

Samstag, 28/01, 11 Uhr
Stadtbibliothek Brixen
AUSSTELLUNGSERÖFFNUNG
Es sprechen: Armin Gatterer, Monika Leitner, Erika Wimmer Mazohl, Hannelore Kofler-Brugnolo
Special guest: Benno Simma 
POETISCHER LAERM
Mit: Benno Simma, Helga Plankensteiner, Michael Lösch u.a.

Samstag, 11/02, 18 Uhr
Stadtbibliothek Brixen
PERSÖNLICHE ERINNERUNGEN UND LEKTÜREN
anlässlich von Gerhard Koflers 74. Geburtstag
Mit: Furio Brugnolo, Sabine Gruber, Theresia Prammer, Kurt Neumann und Hans Heiss 
Moderation: Maria Piok
freier Eintritt

Dienstag, 21/03, 20.30 Uhr
Anreiterkeller Brixen
GEDICHTELESEN
Lyriker*innen lesen eigene und Gedichte von Gerhard Kofler, in mehreren Sprachen und Mundarten
Mit: C.W. Bauer, Arno Dejaco, Federico Italiano, Sepp Mall, Gentiana Minga, Greta Maria Pichler, Barbara Pumhösel, Nadia Rungger, Raoul Schrott, Matthias Vieider, Erika Wimmer Mazohl and Jörg Zemmler
mit Eintritt

Mittwoch, 22/03, 19 Uhr
Stadtbibliothek Brixen
SCHREIBEN ÜBERSETZEN HERAUSGEBEN
Mit: Raoul Schrott, Federico Italiano, Andreina Giulia Disanto
Moderation: Alma Vallazza
freier Eintritt

Sowie:
–Zweisprachige Lyrikwerkstätten für Schulen mit C.W. Bauer und Barbara Pumhösel (20/3 – 24/3/23)
–Brixner literarische Stadtspaziergänge auf den Spuren des Dichters Gerhard Kofler

Nähere Informationen zu den einzelnen Veranstaltungen folgen in Kürze.